10.10.2012, 17:20 Uhr | Märkische Allgemeine Zeitung vom 10.10.2012
Aufarbeitung mangelhaft Zum Themenabend „Staatssicherheit in der DDR“ war Hubertus Knabe in Treuenbrietzen zu Gast
TREUENBRIETZEN - „Es gibt erfreulichere Themen als die Staatssicherheit in der DDR“, sagte Hubertus Knabe am Montagabend in Treuenbrietzen beim gleichnamigen Themenabend. Der Leiter der Gedenkstätte im ehemaligen Stasi-Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen muss es wissen. Er beschäftigt sich seit weit mehr als zwei Jahrzehnten mit der DDR und der Stasi. Er war einer Einladung der CDU-Kreistagsfraktion gefolgt und ins Heimatmuseum der Sabinchenstadt gekommen.
Noch 22 Jahre nach dem Mauerfall ist die Bestürzung über Überwachung, Bespitzelung und Bestrafung Unschuldiger durch die Staatssicherheit groß, daran konnte kein Zweifel bestehen – sowohl bei Knabe als auch bei den rund 40 Gästen, von denen viele Erfahrungen mit der Stasi gesammelt hatten. Immer wieder signalisieren sie während des Vortrags des Historikers Zustimmung.
Knabe gibt einen Abriss zur „in der Weltgeschichte bis dahin größten Geheimpolizei“ mit 91 000 hauptamtlichen Mitarbeitern und 186 000 Informanten. „Die SED hatte offensichtlich unheimlich Angst vor dem eigenen Volk“, sagt er.
Ruhig und sachlich erzählt er von 90 000 Briefen, die die Stasi täglich öffnete, von Beschattungen und von Psychoterror, der Menschen in ihrem persönlichen Umfeld diskreditieren sollte. Er berichtet von den Versäumnissen bei der Aufarbeitung, vor allem im Land Brandenburg. „Es wurden zahlreiche Kader aus den alten Strukturen übernommen“, sagt Knabe. Noch heute gebe es viele Ex-Stasi-Leute in Justiz, Staatsschutz und Politik. „Das trägt nicht dazu bei, Vertrauen zu entwickeln“, so der Gedenkstättenleiter.
Um dieses Thema ging es auch in der anschließenden Diskussion, die von der CDU-Kreisvorsitzenden Saskia Ludwig geleitet wurde. Ein Gast wollte wissen, wie man Zufriedenheit für alle Beteiligten hätte erreichen können, ohne den Staat völlig lahm zu legen. „Man kann natürlich nicht das Volk austauschen, man kann auch nicht alle bestrafen, aber man hätte zumindest die Kapitalverbrechen bestrafen müssen“, entgegnete Knabe. Die strafrechtliche Verfolgung habe es nicht gegeben, weil auf politischer Ebene der Wille dazu gefehlt habe. „Man wollte nach vorn sehen“, sagte er. Das habe dazu geführt, dass sich aus 100 000 Ermittlungen nach der Wende nur 40 Verurteilungen ergeben haben, die Gefängnisaufenthalte zur Folge hatten. Nicht ein Gefängniswärter aus Hohenschönhausen sei für seine Taten belangt worden.
Vor diesem Hintergrund berichtete ein anderer Gast von Erfahrungen im Ausland. Er sei gefragt worden, warum es keine Rache oder Selbstjustiz der Inhaftierten gegeben habe. Die Antwort darauf kommt ebenfalls aus dem Zuschauerraum. „Es hat im Gefängnis und bereits davor so viel Psychoterror gegeben, dass keine Kraft mehr dafür da war“, sagt eine ältere Dame, die bis dahin von der hintersten Reihe den Ausführungen Knabes und der Gesprächsrunde gelauscht hatte. Treffender konnte auch Knabe es nicht ausdrücken. (Von Stephanie Philipp)
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